Marianne Carbonnier-Burkard
Übersetzung Jean Gaspar
Wir sind noch nicht zu Ende mit Luther. „Wir“ Christen, „wir“ Europäer, „wir“ aus dem Abendland, auf jeden Fall „wir“ Protestanten. Gegen 1517 hat der Theologe Luther eine neue Sprache gestaltet, eine neue Art, Christ zu sein, ein neues „in der Welt sein“: Neuheiten, die seine Exkommunizierung zur Folge hatten, die das lateinische Christentum sprengten, die Kirche zersplitterten, ihr ein neues Antlitz gaben und deren Erben wir heute noch sind.
Eine neue Sprache, ein neuer Sinn für alte Wörter – Glaube, Gesetz ,Werke, Rechtfertigung, Gewissen, Freiheit, Kirche, Laie – die, ihrerseits, alt wurden,, abgenutzt, absonderlich. Professor Pierre-Olivier Léchot schlägt vor, sie auf sehr pädagogische Weise neu zu beleben, damit sie auch heute noch sinnvoll sind. An die Auszüge Luthers, die er sehr sinnvoll ausgesucht hat, um des Verlangen zu wecken mehr davon zu lesen, füge ich meinen Lieblingsauszug hinzu, aus einer Predigt, gehalten in Wittenberg, am 10. August 1522.
„Hütet euch vor falschen Propheten!“ (Mt 7,15): Christus wendet sich nicht nur an den Papst sondern an Alle …Wenn ich mich also hüten soll und eine falsche Lehre erkennen soll, liegt es an mir zu beurteilen und zu sagen: Papst, wenn du und die Konzile das entschieden habt, so liegt es an mir zu ermessen, ob ich es annehmen kann oder nicht .Denn du wirst nicht für mich kämpfen und keine Verantwortung für mich bei meinem Tod übernehmen. Es liegt an mir, zu wissen wo ich stehe. Du musst (sagt uns Gottes Wort) sicher sein, dass es sich um das Wort Gottes handelt, so sicher wie die Tatsache, dass du noch am Leben bist und noch sicherer um dein Gewissen darauf zu gründen. Auch wenn alle Menschen, sogar die Engel, sich damit befassen würden, eine Entscheidung zu treffen, so bist du doch verloren, wenn du nicht selbst entscheiden und beurteilen kannst. Denn du darfst deine Beurteilung nicht auf den Papst oder die Anderen begründen; du musst fähig sein, nach deinem eigenen Wissen zu behaupten: das ist richtig, das ist falsch. Sonst kannst du nicht bestehen. Denn wenn du auf deinem Todesbett sagen möchtest : der Papst hat so gesagt, die Konzile haben so beschlossen, die heiligen Kirchenväter Augustinus und Hieronymus dies oder jenes festgelegt, so wird der Teufel gleich ein Loch bohren und eindringen: und wenn das falsch wäre? Haben sie nicht irren können? Und schon liegst du am Boden. Deswegen musst du sicher sein, sagen zu können: dies ist das Wort Gottes auf das ich meine Meinung gründe …Nun! Lass sie entscheiden und sagen was sie wollen. Du kannst ihnen kein Vertrauen schenken, noch dadurch dein Gewissen befriedigen. Es geht um dein Haupt, um dein Leben, deswegen muss Gott zu deinem Herzen sprechen und dir sagen : dies ist das Wort Gottes; sonst ist es ungewiss… Du musst selber innerlich sicher sein, und die Meinung aller anderen Menschen ausschliessen.
Predigt am 8. Sonntag nach Trinitatis (10 August 1522), Mt. 7,15.
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