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Christologie und geschichtlicher Jesus

Jean-Marc Tétaz

Übersetzung Jean Gaspar

Was soll man heute zu Jesus sagen? In welchem Sinn können wir noch bekennen, er sei Christus und Sohn Gottes ?Für den Gläubigen des XXI. Jahrhunderts sind diese Fragen unvermeidlich. Sie zwingen ihn, sich mit der theologischen Überlieferung auseinanderzu setzen,, diese Überlieferung die seit den ersten Schriften des N.T. eine Lehre über Jesus-Christus entwickelt hat, eben die Christologie. Aber sie zwingen ihn auch, sich an den Ergebnissen der geschichtlichen Forschung über Jesus von Nazareth zu messen. Denn, seit den Anfängen der historischen Fragen zu Jesus am Ende des XVIII. Jahrhunderts, ist es nicht mehr möglich, sich Fragen zu stellen über die theologische und religiöse Bedeutung des Jesu von Nazareth, ohne die überlieferte Lehre den Ergebnissen der historischen Forschung gegenüberzustellen. Die Zahl und der Verlagserfolg der neuesten Veröffentlichungeni über Jesus, zeugen vom Interesse das diese Fragen auslöst.

Vier Evangelien, vier Richtungen.

Bei dem nahenden Weihnachtsfest werden diese Fragen noch dringlicher. Was feiern wir an Weihnachten ? Was kann Fleischwerdung bedeuten ? Welchen Glauben können wir den zwei Berichten über Weihnachten von Lukas und Matthäus , so verschieden und sogar unvereinbar, schenken ? Anscheinend sind bei ihnen nur der Geburtsort, Bethlehem, und die Jungfrauengeburt übereinstimmend. Aber heute ist sich de historische Forschung nahezu einstimmig einig, dass gerade diese Punkte legendär sind, mehr aus Gründen der Verherrlichung als auf einer historischen Überlieferung beruhend: Bethlehem ist die Stadt Davids und wenn Jesus ein Nachkomme Davids ist, muss er in Bethlehem zur Welt kommen, laut der Prophezeihung Michas (Micha, 5,1) . Denn, wie es der Midrash, den Markus (Markus 12, 35-37) Jesus in den Mund legt, hätte ein nicht davidischer Ursprung und eine Geburt Jesu in Nazareth, seine Anhänger sehr schwierigen Fragen ausgesetzt ! Was die jungfräuliche Geburt betrifft, so ist sie die Folge von ähnlichen Bedenken, wie es der Bezug auf die Prophezeihung des Immanuel (Jesaja 7,13 ff.) bezeugt. Weiter legt Lukas die Geburt Jesu auf die Zeit, als Quirinius Statthalter in Syrien war, das heisst also etwa in das Jahr 6 nach J.Chr., während bei Matthäus, die Geburt am Ende der Regierungszeit des Herodes des Grossen , gestorben im Jahre 4 vor J.Chr. erfolgt; bei Lukas, kehren Joseph und Maria , nachdem sie sich in die in die Steuerlisten eingetragen hatten, nach Nazareth zurück, während bei Matthäus, um den mörderischen Absichten des Herodes zu entgehen, die Flucht nach Ägypten erfolgt. Kein Stern und keine Weisen bei Lukas, keine Hirten bei Matthäus.

Noch schwerwiegender, vom theologischen Standpunkt aus, ist die Absicht dieser beiden Erzählungen die göttliche Abstammung von Jesus gleich auf die Geburt zurückzuführen. Das ist auch falsch gegenüber der Stellungnahme des Markus, der die göttliche Abstammung von Jesus auf seine Taufe durch Johannes, genannt der Täufer, zurückführt (Markus 1,11). Im Evangelium von Johannes wird der Bericht über die Geburt Jesu durch einen Prolog ersetzt der verkündet, dass das Wort seit aller Ewigkeit besteht und Gott ist, der sich auf Erden in der Person des Jesus aus Nazareth (. Johannes,1,9 ff) offenbart . Die Lektüre des Prologs von Johannes muss also als eine Kritik und eine Bestreitung der theologischen Absichten der Erzählungen über die Geburt bei Lukas und Matthäus verstanden werden . Also ist die Art und Weise mit der die Evangelien ihre Erzählung beginnen, eben ein Hinweis auf theologische Abweichungen zur göttlichen Abstammung von Jesus, seine theologische Stellung und die Art mit der sie sich offenbart. Die Fragen , aufgeworfen durch die Weihnachtserzählungen – abwesend bei Markus und Johannes – beweisen, dass die vier kanonische Evangelien die Geschichte des Jesu aus Nazareth auf Grund von verschiedenen theologischen Ausrichtungen inszenieren ,die dem Gedächtnis der ersten christlichen Gemeinden entsprechen. Sie sind alo nicht zu verstehen im Sinne von historischen Untersuchungen oder modernen, kritischen Biographien. Die Frage nach dem historischen Jesus und seines kritischen Verständnisses tauchte auf, als man sich bewusst wurde , dass die kanonischen Evangelien (so wie alle anderen verfügbaren, christlichen Quellen) eine eigenartige litterarische und theologische Stelle einnehmen.

Die Evangelien im Prisma der historischen Kritik.

Das Auftauchen der Frage nach „dem historischen Jesus“ ist in der Tat unzertrennbar vom Aufkommen der modernen Geschichte. Diese ist verbunden mit dem Bewusstwerden der Eigenartigkeit der Quellen auf die sich notwendigerweise jede Wiederherstellung der Vergangenheit bezieht. Diese Quellen sind keine sachlichen Berichte, wie es ein Polizeibericht wäre, aber sie folgen literarischen, politischen, religiösen Absichhten; sie sind in einem Zusammenhang mit einem historischen Rahmen , ungültig für einen modernen Leser; schliesslich beziehen sie sich auch auf Dokumente die uns nicht zugänglich sind, die sie aber teilweise oder ganz in einen neuen Zusammenhang einfügen und so die Auswahl unvermeidlich beeinflussen. Die kritische Arbeit der Geschichte besteht dann in einer Entwirrung der Quellen, um so die Hintergründe zu erfassen die das Gedenken einer bestimmten Zeit geprägt haben.
Es ist nicht notwendig zu sagen, dass diese „Entwirrungsarbeit“ nicht sachlich ist. Sie ist immer die Folge , nicht nur von besonderen intellektuellen Interessen, sondern auch von allgemeinen Überzeugungen, gegründet auf ein Weltbild, verbunden mit unserem gesammten sozialem Verhalten. Dieses breite Umfeld,in das sich die kritische Arbeit der Geschichte einbindet liefert dem Historiker die Massstäbe nach denen er unterscheidet zwischen Legende und dem, das einer gewissen , tatsächlichen Wirklichkeit entsprechen kann. Historisch sind diese Massstäbe selbst veränderlich.
Ein zweiter, wichtige Fakt fügt sich dem dazu: die Geschichte ist nicht nur eine Kritik der Quellen, sie ist auch ein Wiederaufbau des Vergangenen; dazu wählt sie die Erzählform. Die historische Erzählung ist das Endziel der kritischen Arbeit; sie will von der Vergangenheit ein Bild geben, das sich vom Bild ihrer Quellenarbeit unterscheidet. Noch einmal, die von den Historikern beibehaltenen Erzählformen sind stichhaltig, so wie ihre unausgesprochene Logik.
Die kritische Arbeit der Geschichte besteht im Abbau der kulturellen Erinnerung an die Vergangenheit um so beizutragen,ein neues Bild der kulrurellen Erinnerung zu gestalten und es zu verändern . Diese Konkurrenz in der Erinnerung ist bezeichnend für die gegenwärtigen Auseinandersetzungen über Jesus. Der historische Jesus, so wie ihn die Historiker zu gestalten versuchen können und der Christus des Glaubens, Inhalt der Glaubenslehre und der dogmatischen Auslegungen sind zwei Formen der Erinnerung. Das Verstehen um ihre Verbindung ist eine wesentliche Aufgabe der Theologie; es ist aber auch eine Frage mit der sich jeder Gläubige oder jede Person die sich für das Christentum interessiert, auseinandersetzen muss .Diese zwei Formen der Erinnerung, in Konkurrenz, sind Gegenstand von unterschiedlichen Auslegungen der Geschichte. Um die Änderungen zu verstehen, denen so wohl die christologische Auffassungen , sowie das Bild des historischen Jesus unterworden sind, ist es wesentlich , sich der echt historischen Eigenart bewusst zu werden.
Man kann also leicht beweisen , dass die Jesus-Biographien, so gefragt im 19Jhrt ( das „Leben Jesu“ von Ernest Renan erreichre mehr als 400 Auflagen) einer Zeit angehören in der man an die Einzigart von „Persönlichkeiten“ glaubte und in der man die „grossen Männer“ verehrte. Man verfasste also mit Vorliebe Biographien,die alle, mehr oder weniger, dem selben Muster folgten : eine selbstständige Entwicklung der Persönlichkeit ab ihren ersten Äusserungen. Diesem Muster folgte auch der Bildungsroman, siehe „ Le Rouge et le Noir“ von Stendhal oder
„L’éducation sentimentale“ von Flaubert. Mit einem gewissen Erfolg wurde es auch als Muster für Schleiermacher, Hegel oder Luther (dessen „Jugendschriften“ man endeckte) befolgt; man versuchte auch, dieses Muster auf Jesus anzuwenden, ohne überzeugendes Ergebnis. Als man dann in den 1920 Jahren wahrnahm, dass diese Jesusbiographien in eine Sackgasse mündeten,, machte die Literatur auch dem Bildungsroman den Prozess; man denke nur an“ Der Mann ohne Eigenschaften“ von Musil. Der berühmte „Jesus“ von Bultmann findet seinen Platz in diesem Umfeld, dessen Skepsis er teilt, im Gegensatz zu idealisierten Vorstellungen der Persönlichkeit.

Die Erneuerung der historischen Forschung .

Mit den historischen Forschungen über Jesus geht es seit etwa 140 Jahren nicht anders. Die Geschichte wurde soziale Geschicht, Geschichte des soziales Verhaltens , der sozialen Vorstellungen, auch Geschichte der Besiegten oder der Vergessenen, Unbekannten, Niederdrückten. Sie geht nicht mehr an die Individuen heran aus der klassischen Aussicht auf eine Biographie die sich für die psychologische, intellktuelle Entwicklung ihres Helden interessiert, sondern die versucht, diese Biographien in den sozialen Rahmen einzu binden , mit den sozialen Einwirkungen, den geistigen Vorstellungen, den Wirtschaftsstrukturen , der politischen Machtverhältnisse.
Man wird sich nicht wundern, dass die gegenwärtigen A rbeiten über den Jesus der Geschichte alle Ergebnisse der archäologischen Funde und der Geschichte verwertet, um ein Bild von Jesus zu zeigen, verwurzelt in dem Landleben von Galiläa, der an den Auseinandersetzungen über die Auslegung des jüdischen Gesetzes teilnahm, der oft die kulturellen und sozialen Verhaltensregeln seiner Zeit und seines Standes missachtete. Je nach den verschiedenen Verfassern, begegnet man so , nacheinander, einem Propheten der Restaurierung Israels,einem pharisäischen Rabbi, einem volkstümlichen Wunderheiler, einen charismatischen Eingeweihten,einem zynischen Wanderphilosophen oder einem Sozialreformer. Sind diese Bilder untereinander unvereinbar? Das ist nicht sicher. Vielleicht kann man versuchen , die verschiedenen Fazetten der gleichen historischen Gestalt zu entziffern, Gestalt von der jeder Historiker einen anderen Aspekt ins Licht stellt, je nach den Instrumenten die er für seine Analyse benutzt und dem methodischen Rahmen nach dem er arbeitet.
Wie dem auch sei mit dieser Frage, die gegenwärtigen Darstellungen des Jesus von Nazareth stimmen in zwei wesentlichen Punkten übereins. Zuerst, entgegen der echt evangelischen Angewohnheit, die Predigt von Jesus in den Mittelpunkt zu stellen, entdecken die neuesten Forschungen wie wichtig die Handlungen von Jesus sind, seine Heilungen, das Austreiben von bösen Geistern, die Praxis der Tischgemeinschaft.
Jesus ist nicht nur und nicht zuerst ein Prediger , jemand der die Kontroverse ausübt! Weiter steht das Wort Jesu,seine Predigt, seine Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit dem Judaismus seiner Zeit. Wenn Jesus diesen oder jenen Punkt der Auslegung des jüdischen Gesetzes in Frage stellt, so bleiben doch seine Enwände im Rahmen der üblichen Auseinandersetzungen dieser Zeit. So steht es auch mit seiner Predigt über das Reich Gottes.. Auch darin beruft sich Jesus auf die jüdische Tradition die er neu auslegt. Die jüngsten Forschungen zeigen dass das Judentum am Anfang des 1. Jahrhunderts vielfältiger war als das Bild das die Forschung, besonders die evangelische, lange Zeit gegeben hatte. Später, am Ende des 1. Jahrhunderts und am Anfang des 2. Jahrhunderts, wird der Judaismus einseitiger unter dem Einfluss der Weisen des Talmuds.Weiter scheint es schwer abzustreiten, dass Jesus seinen Auftrag als einen Auftrag verstand , mit Israel als Gegenstand und Empfänger. Die geographischnAngaben der synoptischen Evangelien, aber auch der symbolische Kreis der Zwölf, reden eine zu klare Sprache, die nur das fromme Ergebnis der ersten christlischen Gemeinden sein könnte.
Hat Jesus sich als Messias betrachtet? Es scheint schwierig, eine endgültige Antwort auf diese Frage . zu geben. Rasch nimmt sie eine psychologische Wende, deren Rechtmässigkeit nicht verbürgt ist. Ist es im allgemeinen überhaupt rechtmässig, die Identität einer Person zu begreifen, unabhängisch von der Art,wie andere sie begreifen? Die Frage so zu stellen, nähert uns einer möglichen Antwort: es scheint ziemlich glaubwürdig, dass die Jünger Jesu und eine grosse Zahl derer, die ihm von nah oder fern folgten, ihn als Messias betrachtet haben.
In der Tat scheint es schwer glaubhaft, dass die Anerkennung von Jesus als Messias eine Folge der Osterereignisse sei. Im Judaismus der Zeit Jesu und sogar in späteren jüdischen Texten findet man keine Tradition, die in der Auferstehung das Zeichen einer Wahl als Messias sieht. Nun wird aber, so weit man in der christlichen Erinnerung zurück geht, wird Jesus von Nazareth , Jesus-Christus genannt. Für römische Ohren war das unverständlich und dieser Ehrentitel führte dann auch zu einem Missverständnis mit der Verwechslung mit Chrestos, einem damals üblichen Vornamen , wie es die römischen Historiker Suetonius und Tacitus bezeugen. Das lässt sich nur erklären wenn, schon ab den Jahren 40-50 , der Titel Messias, „Christos“ in griechisch, von Juden, Anhänger von Jesus, in Rom gebraucht wurde , als Name dessen, den sie verehrten. Die Briefe von Paulus bestätigen diese Praxis. Um diesen unanfechtbaren Brauch zu erklären , ist die Hypothese am wahrscheinlisten, dass Jesus schon zu seinen Lebzeiten von seinen Anhängerals Messias betrachtetwurde, also als „Christus“, das heisst der „Gesalbte Gottes“.
Das kann auch die Erklärung sein für den Grund seines Todesurteils durch Pontius Pilatus, den Präfekten von Judäa. Wir haben tatsächlich keinen Grund zu bezweifeln, dass Jesus als „König der Juden“ wie es auf der Inschrift am Kreuz hiess, hingerichtet wurde. Diese Praxis ist wohl bezeugt), auch wenn es wahrscheinlich ist,dass es mit der Deutung und der Wortwahl ein Versehen war für Alle, die Jesus folgten. Denn, zur Zeit von Jesus, war der Begriff Messias bei weitem nicht einheitlich im Judaismus. Der Begriff bezeichnete nicht nur einen politischen Anführer bei den Nachkommen Davids. Er konnte auch einen religiösen Führer aus der Linie Aarons oder eine prophetische Gestalt bezeichnen. Wie auf vielen anderen Punkten,kannte der Judaismus zur Zeit Jesu keine „Dogmatik“ des Messias (eine Bezeichnung, die man gerne bei den evangelischen Historikern des Judaismus in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts findet) sondern verschiedene Vorstellungen die sich manchmal ergänzten, manchmal schwer vereinbar waren.. Die Vorstellung, sehr verbreitet im Protestantismus, einer rein politischen, nahezu nationalen Auffassung des Messianismus ist ein grober Anachronismus. Das ist eine moderne Lesart der messianischen Gestalten welche die grossen jüdischen Aufstände von 66 und 135 nach Jesus Christus prägten, ein Paradigma von dem sich die Predigt Jesu unterscheiden würde. Ein gewisser evangelischer Anti-Judaismus nährte sich gerne von dieser Lesart. (siehe den Aufsatz von P.O. Léchot in N° 312 von Evangile et Liberté).

Die Rolle des historischen Jesus in der Theologie.

Welche Rolle kann die Gestalt des historischen Jesus von Nazareth, von dem uns die jüngste Forschung den Reichtum und die Vielseitigkeit entdecken oder wieder entdecken lässt, in der Theologie und, weiter gegriffen, in der zeitgenössischen religiösen Betrachtung spielen ? Gleich am Anfang, schliessen wir eine unhaltbare These aus : die historische Forschung über Jesus könnte uns nicht einen unmittelbaren Zugang zu Jesus verschaffen, einen Jesus , befreit von historischen und dokrinären Vermittlungen ,die sein Bild im Laufe der Jahrhunderte getrübt hätten. Die historische Forschung ist eine institutionnelle Vermittlung genau wie die Dogmatik oder fromme Exerzitien. Zu glauben,dass die Geschicht diese Vermittlungen zunichte machen könnte, zeugt von einer schuldhaften Naivität. So billig kann man den Konflikt der Erinnerungen nicht auslöschen.
Im Gegenteil kann und muss die historische Forschung ein kritischer Stachel sein gegenüber der traditionnellen Doktrin.. Und das in einem doppelten Sinne. Einerseits zwingt uns die Forschung über den Jesus der Geschichte zur Konfronfrontation mit den dogmatischen Auslegungen und dem, was wir heute über Jesus von Nazareth sagen können . Man könnte, um eine übliche Floskel der Historiker zu verwenden, von „einem Veto-Recht der Quellen“(Reinhard Koselleck) reden :die Ergebnisse der historischen Forschung sagen uns nichts über die theologische Deutung des Jesu von Nazareth. Aber sie können gewisse Auslegungen, von früher oder von heute, unhaltbar machen. Seit ihren stammelnden Anfängen im XVIII. Jahrhundert hat die Forschung über die historische Gestalt von Jesus tatsächlisch eine kritische Rolle gegenüber der dogmatischen Traditionen. Aber, entgegen den Erwartungen von einigen ihrer Vertreter, hat das historische Bild Jesu den Christus des Glaubens nicht abgelöst.
Andererseits , die Erkenntnis der Entfernung zwischen der Gestalt des historischen Jesus und dem dogmatischen Aufbau, unterstreicht die radikale historische Eigenartt der theologischen Auslegungen über Christus. Die Änderungen denen die Auslegungen im Laufe der Zeit unterlagen, folgen nicht an erster Stelle theologischen Faktoren, sondern sind viel tiefer greifenden Veränderungen, verbunden mit den Änderungen in der Vorstellung der Welt und der Erwartung des Heils,beeinflusst durch dies Weltbild. Max Weber, der grosse deutsche Soziologe, gab der Regel dieser Methode eine klassische Formulierung: „ das wovor und wofür“ -und nicht zu vergessen, warum wollte man erlöst werden, wurde bestimmt durch das Weltbild das man hatte. Wenn man das ausser Sicht verliert, kann man nichts meht verstehen an den Änderungen der dogmatischen Aussagen über Christus. Denn sie versuchen jedesmal die Bedeutung Christi für unser „Hell“ in Bezug auf die möglichen Auffassungen des Heils im Rahmen eines bestimmten Weltbildes.

Die Zuflucht zur Metapher.

Um die doppelte kritische Bewegung in die sich konkurier’rende Erinnerugen einshliessen, mus man zurück kommen auf die anerkannte Rolle von Jesus als Messias. Indem sie den Jesus von Nazareth als Messias indentizierten, lösten seine Anhänger einen Vorgang von Metaphern aus. Was soll man darunter verstehen? Eine Metapher ist eine unerwartete Beschreibung, welche die Bedeutungsmöglichkeiten der Sprache ausnutzt. , Wie gross auch die Vielfalt der messianischen Auffassungen im 1.Jahrhundert war, indem seine Anhänger Jesus als Messias bezeichneten, machten sie einen neuen Gebrauch von diesem Titel. Die Auseinandersetzungen über den Messias als Nachkomme Davids in Markus 12, 35-37, sind ein guter litterarischer Beweis. Dieser neue Gebrauch wurde bestärkt durch den sehr raschen Gebrauch von dem Titel „Christus“ sozusagen als Name. Auf einen Schlag wurde der Titel Messias ausschliesslich für Jesus angewandt, zu einer Zeit als der Judaismus , Messias für eine Mehrzahl verwenden konnte. Mehr noch, als Personenname bezeichnete der Titel jetzt das ganze Leben und Wirken von Jesus; es bezeichnete nicht nur sein Amt, sonder seine Person und ihre gesamte Tätigkeit. Von Jesus-Christus reden, so wie wir es tun, bedeutet, dass wir eine Metapher anwenden, vielzu oft, ohne uns dessen bewusst zu sein.
Ein Punkt muss auch noch beachtet werden: eine Metapher verleiht nicht nur einem Wort eine neue, unerwartete Bedeutung (hier das Wort „Messias“ oder „Christus“); sie schlägt auch vor, die Wirklicheit , beschrieben mit Hilfe der Metapher, aus einer neuen Sicht zu sehen (hier, die historische Figur des Jesus von Nazareth). Die neue Art, von Jesus als Christus zu reden, leitet eine neue Art ein, um über sein Leben und seine Person zu berichten. Die ersten christlichen Glaubensbekenntnisse, öfters von Paulus angegeben, weiter die Evangelien bezeugen diese neue Darstellung von Jesus, eingleitet durch den Prozess der Metaphern, in Bewegung gesetzt durch die Anerkennung von Jesus als Messias.
Man kann die gesamte , spätere Christologie als Folge der Entfaltung des Pozesses der Metaphern, verstehn. Aber die Logik dieser Folge ist nicht die einer Entwicklung, welche sich, ab einem Urkern, mehr oder weniger gradlinig ausdehnen würde, bis hin zu den christologischen Entwürfen der Gegenwart. Die Dinge so zu verstehen (und sie wurden oft so verstanden) bedeutet,das Axiom von Max Weber ausser acht zu lassen. Jede theologische Auffassung der Rolle und der Person von Jesus-Christus, fügt sich in den Rahmen einer Auffassung des Heils, wiederum bedingt durch ein Weltbild. Jedes Zeitalter wendet neue Mühe auf, um diesen Prozess der Metaphern, aus dem Erbe der vergangen Epochen, zu ändern, anzupassen oder abzulösen. Die Geschiche der Theologie kann die Folge der christologischen Auffassungen erfassen; sie kann aber nicht darin eine Entwicklung suchen , deren Endergebnis….

Metapher und historische Kritik.

Im Rahmen der Entwicklung der Metapher wird die kritische Aufgabe der historischen Forschung verständlich: eine Metapher kann, mehr oder weniger, erklären; sie kann helfen, besser zu sehen, tiefgründiger zu verstehen, die Figur Jesu-Christi stichhaltiger zu beschreiben. Aber sie kann sie auch verbergen, verändern,fremd werden lassen und wird schliesslich unwirksam. Die Ergebnisse der historischen Forschung über Jesus von Nazareth können die Metaphern nicht ausschliessen (genau so wenig wie die Berichte von Augenzeugen die den Ursprung der Weihnachtslegenden bilden). Aber sie liefern das Material, das die christlichen Metaphern neu beschreiben und anders bewerten (so wie die Weihnachtserzählungen uns ermöglichen die göttliche Abstammung Jesu auf eine andere Art zu verstehen). Eine Metapher, die nicht in der Lage ist, von uns heute als eine neue , möglche Art verstanden zu werden, um die historische Gestalt des Jesu von Nazareth zu beschreiben kann, oder kann nicht mehr, verwendet werden von den Menschen des XXI. Jahrhunderts, auch wenn diese Metapher klassisch ist.
Versuchen wir, das zu verstehen indem wir ein historisches Beispiel nehmen: die christologischen Formulierungen von Chalkedon (451 nach J.C.)
Das Konzil von Chalkedon hat, wie man weiss, versucht , die Person Christi zu charakterisieren mit der Behauptung, er sei gleichzeitig wahrer Mensch und wahrer Gott, dass die zwei Naturen in einer Person vereint waren ohne sich zu vermischen, verändert hätten, weder geteilt noch getrennt. Fangen wir mit den vier Verneinungen an: sie sagen nicht wie die zwei Naturen, menschlich und göttlich, in der Person Christi vereint sind, aber wie sie es nicht sind. Näher betrachtet,, schliessen sie viele Weisen aus um von Jesus Christus zu sprechen. Besonders verurteilen sie alle Versuche um Jesus-Christus zu beschreiben, als eine Art von Doppelwesen, als Halbgott oder als Heros , eine übliche Art in der griechischen Kultur gewisse Menschen als Botschafter oder Vertreter der Götter zu betrachten . Noch heute markiert diese stichhaltige Weigerung den Raum von möglichen Metaphern um von Christus zu reden.
Aber Chalkedon legt nicht nur eine ganze Reihen von Verweigerungen fest. Es sagt auch positiv, dass Jesus-Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist. Das, bevor dies e Aussage gedeutet wird mit Hilfe der Terminologie der „zwei Naturen“. Hier muss man wahrscheinlich unterscheiden zwischen dem was aktuell bleibt und dem, das einem Weltbild und folglich einem Heilsbegriff entsprach die nicht mehr die unseren sind.
Zu sagen, dass Jesus-Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, dedeutet, dass wir in der Person des Jesu von Nazareth, den wir als den Christus bekennen, eine neue Weise zu sagen, was der Mensch ist und was Gott ist. In dem wir Jesus-Christus als wahre Mensch und wahrer Gott bekennen, beschreiben wir ihn anders; aber gleichzeitig sagen wir auf eine andere Weise, was der Mensch ist und was Gott ist. Alle Erzählungen und Worte des Jesus von Nazareth bekommen dann eine andere Bedeutung : sie lasen uns die Wahrheit sehen des Menschseins und Gottes im Spiegel durch den der Mensch seine Wahrheit entdeckt, die so die Kritik unserer üblichen Auffassungen des menschlichen und des göttlichen durchführt. Man könnte also sagen, dass diese Formulierung in wenigen Worten das Geheimnis selbst des Prozesses der Metaphern zusammenfasst , eingeleitet durch die Anerkennung des Jesus von Nazareth als en versprochenen und erwarteten Messias.
Im Gegensatz ist das Vokabular der zwei Naturen, so wie der Gedanke,dass die menschliche Natur vollkommenvon der göttlichen Natur übernommen wird, ganz klar von der griechischen Weltanschauung und ihrer Auffassung des Heils abgeleitet. Man muss vom Tod befreit sein, um teilzuhaben an dem, was zutiefst göttlich ist: die Unsterblichkeit. Um diese Unsterblichkeit zu erlangen die den Göttern vorbehalten ist, muss die menschliche Natur an der göttlichen Natur teilhaben. So gelesen, kommt die christologische Formulierung von Chalkedon in gefährlicher Nähe zu dem, was sie so stichhaltig verneint hatte: die Bedeutung von Jesu-Christi nach dem griechischen Modell der Heroen oder Halbgötter, der Menschen die schliesslich an der Unsterblichkeit teilhaben und öffentlich verehrt werden. Diese Ansicht von Chalkedon gehört der Vergangenheit an; es ist ein Weltbild das nicht mehr unseres ist und eine Auffassung des Heils, die uns fremd ist. Mehr noch, sie kann eben den Worten und Taten des Jesus von Nazareth , wie sie uns eben die historische Forschung wieder entdecken lässt, nicht gerecht werden.

Die Aufgabe eines christologischen Nachdenkens im XXI. Jahrhundert kann nicht befriedigt werden dur eine einfache Treue zu doktrinären, Erklärungen der Vegangenheit , seien sie auch durch ein Konzil dogmatisch anerkannt sein und zu den Glaubensbekenntnissen der Reformation gehören. Im Gegenteil muss man den Mut haben, die doktrinäre Erinnerung der Kirche an der historischen Kritik zu messen, in diesem Konflikt der Erinnerungen , neue Arten und Weisen erfinden um von Jesus-Christus zu reden in dem man den Schatz der Metaphern den wir aus der Vergangenheit geerbt haben,neu bearbeitet.

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À propos Gilles

a été pasteur à Amsterdam et en Région parisienne. Il s’est toujours intéressé à la présence de l’Évangile aux marges de l’Église. Il anime depuis 17 ans le site Internet Protestants dans la ville.

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